Ob als Akkordeonist oder Musikproduzent – Urs Lötscher begeistert auf vielen Ebenen. So auch als Teil der bekannten Kapelle Carlo Brunner. Ich habe mit Urs über das neue Album der Kapelle Carlo Brunner gesprochen, ihn über sein Akkordeonspiel befragt und wollte wissen, welchen Herausforderungen heute Musikproduzenten gegenüberstehen.
Urs als Teil der Kapelle Carlo Brunner
Hanspeter Ulrich: Wie habt ihr das Konzept für das neue Album «Carlo & sini Buebe» entwickelt, was war eure Vision dahinter?
Urs Lötscher: Carlo hat in den vergangenen drei Jahren wieder viele neue, tolle Titel geschrieben, die er verschiedensten Personen aus seinem Umfeld (Kollegen, Freunden, Fans etc.) gewidmet hat. Diese wollten wir nun auf einen Tonträger bringen. So sind 15 der 17 neuen Titel auf der neuen Scheibe jemandem gewidmet.
Hat Carlo echt drei so tolle «Buben» (zwinkern)? Was wollt ihr mit dem Titel des Albums sagen?
Urs Lötscher: Carlo meint oft augenzwinkernd, er sei sehr zufrieden mit «seinen Buebe». Wir mit ihm natürlich auch 🙂 Nein, im Ernst: Carlo könnte theoretisch tatsächlich der Vater von uns dreien sein – der älteste der drei Buben ist nämlich genau 20 Jahre jünger als er.
Aber bei uns ist natürlich gar nichts von einer Vater-Sohn-Hierarchie zu spüren. Wir sind alle vier auf Augenhöhe, sind beste Kollegen. Vom Altersunterschied merken wir anhand unserer Spielfreude, Motivation, Ausdauer, Humor, Gesprächsthemen etc. gar nichts.
Hast du ein persönliches Lieblingsstück auf dem Album?
Urs Lötscher: Ich könnte da keinen einzelnen Titel rausheben. Es sind grundsätzlich alles Titel, die mir wahnsinnig gut gefallen. Da wäre es schwierig, einen davon explizit als Lieblingsstück zu bezeichnen. Es gibt bei jedem Titel Stellen/Teile, die ich sehr gerne spiele oder mir auf der CD anhöre – da habe ich dann oft Gänsehaut.
Gibt es spontane Momente oder Geschichten aus der Studiozeit, die dir in Erinnerung geblieben sind?
Urs Lötscher: Die heutige Technik erlaubt es ja, dass man nicht mehr immer zusammen ins Studio gehen muss. Da werden Instrumente vielfach nacheinander eingespielt. Da das bei uns der Fall ist, war ich eigentlich nie mit meinen Musikkollegen zusammen im Studio. Lediglich zur definitiven Abmischung des Albums treffen wir uns jeweils alle im Studio und hören uns die ganze Produktion durch. Das ist immer ein wunderschöner, bewegender Moment. Da kommt dann jeweils der gemütliche Teil im Anschluss an die Arbeit nicht zu kurz 🙂
Wo kann das Album als CD gekauft werden?
Urs Lötscher: Das Album ist über unsere Homepage www.carlobrunner.ch oder natürlich im guten Fachhandel, zum Beispiel bei www.phono-schop.ch, erhältlich.
Urs als Akkordeonist
Hanspeter Ulrich: Was fasziniert dich am Akkordeon, und wer hat deine musikalische Entwicklung geprägt?
Urs Lötscher: Mich fasziniert, dass man das Akkordeon als Solo- wie auch als Begleitinstrument einsetzen kann. Interessant finde ich auch, dass es in den verschiedensten Stilrichtungen seinen Einsatz findet.
Gibt es Techniken oder Stile, die du beim Akkordeonspiel besonders spannend findest?
Urs Lötscher: Ich finde, es hat in jeder Stilart Technisches oder Musikalisches, was einzigartig ist und daher besonders spannend daherkommt zum Spielen, aber auch zum Zuhören.
Wie gestaltest du als Musiker das Nebeneinander von traditioneller und moderner Musik?
Urs Lötscher: Das eine schliesst das andere nicht aus. Durch das Musizieren in den unterschiedlichen Stilarten wurde/wird mein musikalischer Horizont erweitert. Ich denke, diese verschiedenen Einflüsse bereichern mein Spiel gegenseitig. Ich schätze die musikalische Abwechslung sehr, da bleibt alles immer spannend und verliert sich nicht in Routine.
Urs als Musikproduzent
Hanspeter Ulrich: Wie hat sich die Rolle des Produzenten im Zeitalter von Home-Recording und DIY-Musik (Do it yourself) verändert?
Urs Lötscher: Klar haben sich viele Musiker zu Hause ein eigenes kleines «Home-Studio» eingerichtet, um etwa Demos aufzunehmen. Aber um marktfähige, professionelle Produktionen zu machen, braucht es doch einiges an Know-how und Aufnahmeeinrichtung. Daher sind wir Musikproduzenten immer noch notwendig, wenn Musiker, Formationen, Vereine, Bands etc. einen Tonträger oder eine Single veröffentlichen wollen.
Wie beeinflussen Streaming-Dienste die Art, wie Musik produziert wird?
Urs Lötscher: Tendenziell werden leider immer weniger ganze Alben produziert. Es geht in die Richtung, dass einzelne digitale «Singles» sporadisch veröffentlicht werden. So kann man der Zuhörerschaft in regelmässigen Abständen immer wieder neue Titel präsentieren, eventuell sogar noch in Kombination mit einem Musik-Videoclip. Aber zum guten Glück darf ich immer noch viele CDs produzieren, sodass der Kunde am Schluss etwas in den Händen halten kann und sich am physischen Produkt freuen darf.
Wie entscheidest du, wann ein Stück «fertig» produziert ist?
Urs Lötscher: Wann es «fertig» ist, entscheide ich zusammen mit den Interpreten. «Fertig» ist es eigentlich nie, man könnte immer wieder Änderungen vornehmen, weitere Arrangement-Ergänzungen machen, den Mix ändern etc. Aber einmal muss man dann halt jeweils sagen, im Moment stimmt es so, wie es ist. Ein Titel ist immer eine Momentaufnahme, der würde vermutlich in einem Jahr wieder anders daherkommen.
Welche Rolle spielen moderne Technologien wie KI oder digitale Tools in deinem Produktionsprozess?
Urs Lötscher: Digitale Tools (Plug-Ins) gibt es schon seit längerer Zeit. Diese finden bei mir natürlich immer Verwendung. Das ist auch nötig so. Im Gegensatz dazu sind KI-Technologien bei mir im Studio bisher nicht anzutreffen. Da werde ich mich mit Händen und Füssen wehren, dass solche Hilfsmittel so lange wie möglich nicht zum Studio/Produktionsalltag gehören. Ich finde gerade dort, wo es ums Komponieren und Musizieren geht, bringen solche Entwicklungen viel Unpersönliches und Herzloses rein. Das fehlt dann nachher in der Handschrift eines jeden Musikers und Produzenten.
Über Urs
Urs Lötscher
Wilgutweg 16
6162 Entlebuch
079 752 46 12
[email protected]
www.lumusic.ch
