Kurt Hostettler, sein Schwyzerörgeli und sein Alphorn waren für ein Jahr gemeinsam auf Reise. Im Porträt hier befrage ich den «Ländler-Nomaden» zu seinen musikalischen Erfahrungen rund um den Globus.
Hans-Peter Ulrich: Vor bald zehn Jahren hast du dir den Traum einer Weltreise mit Schwyzerörgeli und Alphorn erfüllt. Wie kam es dazu?
Kurt Hostettler: Nach meiner beruflichen Ausbildung begannen die Saisonstellen und Gesellenjahre. Man geht weit weg von Zuhause und kehrt erst nach längerer Zeit der Wanderschaft wieder zurück. Von einem Kollegen habe ich eine Adresse in Schweden erhalten, um auf einer Privat-Jacht als erster Koch zu arbeiten. So schrieb ich die betreffende Reederei in Malmö an und wurde postwendend angestellt.
Wir fuhren mehrheitlich die Routen Spitzbergen, Nordkap, Helsinki, Leningrad, Ärmelkanal, Lissabon – das ganze Mittelmeer inklusive Schwarzes Meer, mit allen Inselstaaten und rund um Afrika. Die Übersee mit den Karibikstaaten und Südamerika fuhr ich später mit einem Luxusliner, dem damaligen Flagschiff «MS Gripsholm» der «Svenska Amerika Linien» aus Göteborg. Um die ganze Welt war mein Traum, doch ganz hat es nie gereicht. Somit war für mich damals schon klar: Eines Tages klappt das!
Auch hatte ich das grosse Glück, 2013 als Alphorn- und Schwyzerörgeli-Musikant an die Olympischen Winterspiele nach Sotschi zu reisen. Weil ich damals bereits wusste, dass ich im September 2014 mit der Weltreise starten werde, konnte ich wichtige Kontakte knüpfen. Denn im «Swiss House» verkehrte die ganze Palette von Leuten wie Botschafter und Tourismusfachleute diverser Klubs aus der ganzen Welt.
Noch bevor ich schliesslich im September 2014 die Schweiz in Richtung Südafrika verliess, hatte ich durch den Kontakt zum Schweizerklub in Johannesburg einen gemeinsamen Schweizerabend auf sicher.
Eine spontane musikalische Begegnung mit einheimischen Jazz-Musikern ergab sich bereits am Anfang meines Aufenthaltes in Cape Town in der Waterfront. Das Zusammenspiel war nicht so einfach, konnten doch nur der Kontrabass und das Akkordeon in Fis/Ges mit dem Alphorn mitspielen.
Nach knapp zwei Monaten, in denen ich durch Namibia, Botswana, Zimbabwe, Sambia, Okavango, Victoria Falls, bis nach Johannesburg gereist war, kam der Abend und damit das erste Erfolgserlebnis, mit ausgewanderten und dort geborenen Schweizern aufzuspielen. Mit grossem Dank und einem warmen Applaus verliess ich schliesslich Johannesburg in Richtung Thailand/Vietnam.
Hans-Peter Ulrich: Was war dein tollstes musikalisches Erlebnis?
Kurt Hostettler: Da gab’s unzählige wunderschöne musikalische Erlebnisse, welche kaum zu übertreffen sind. Zum Beispiel in Hanoi, Vietnam, wo ich mich im Stadtpark zu bereits musizierenden Kollegen zusammenfand. Das Zusammenspiel scheiterte jedoch, weil die Tonlagen unserer Instrumente nicht übereinstimmten. Jedoch überraschte mich ein Filmteam mit dem Wunsch, einen Video-Clip in einem Kaffee vor Ort zu drehen.
Eine weitere Überraschung erlebte ich mit einer Journalistin von «kofferpacken.at» mit einem Foto-Interview! Dazu kamen weitere Begegnungen mit Sicherheitsleuten der italienischen Botschaft in Hanoi. So könnte ich noch lange erzählen, doch meine Weiterreise nach Seoul, Südkorea, liess nicht auf sich warten.
In Seoul gab es das Zusammentreffen mit meinem langjährigen Freund Peter Lim. Er hat mich eingeladen, in der grossen «Incheon City Hall» mit über 1400 Sitzplätzen und Auftritten von Stars aus den USA, Finnland, Polen, Russland, Japan und Korea, den Konzert-Abends mit meinen Alphornklängen zu eröffnen.
Auch wurde ich von mehreren einheimischen «Hodlerclubs» Jodlerclubs aus Seoul eingeladen, ihnen das Alphornspielen aus der Schweiz zu zeigen. Weitere Auftritte waren an verschiedenen Musikschulen mit Schwyzerörgeli und Alphorn. Zum Abschluss war noch die Schweizer Botschaft mit der Weihnachtsfeier beim Schweizer Konsul an der Reihe, bevor ich dann als nächstes Ziel Tokio anstrebte.
In Tokio schliesslich war ich vom einheimischen Alphornklub «Tamavagara» eingeladen worden, eine Bergstation der Seilbahn «Hakone-Tozan» einzuweihen. So durfte ich den ganzen Tag über mitspielen, musste jedoch alleweil eine Solomelodie mit Örgeli und/oder Alphorn spielen.
Weiter ging es in Tokio für unseren Schweizer Uhrenbaron Nicholas Hayek, wo ich die Weihnachtsfeier für dessen Personal mitgestalten durfte.
Hans-Peter Ulrich: Wird Schweizer Volksmusik in unterschiedlichen Regionen auch unterschiedlich aufgenommen? Wer hatte den besten Zugang zu unserer Musik?
Kurt Hostettler: Ja, das kann man wohl sagen! Nur als Beispiel: Cambodia, Vietnam und Südafrika sind Länder, in welchen man unsere Kultur kaum kennt. Menschen aus dem asiatischen und japanischen Teil unseres Planeten fahren hingegen völlig auf Alphorn und Örgeli ab. Meine Erklärung: Asiaten reisen mehr durch westliche Länder und lernen dabei die westliche Kultur kennen.
Hans-Peter Ulrich: Wie hast du andere Musikerinnen und Musiker gefunden, um gemeinsam zu musizieren?
Kurt Hostettler: Mit meinem Motto «Musik verbindet die Welt» hatte ich nie Schwierigkeiten, Kontakte zu finden. Ich traf mit Musikanten aus verschiedensten Ländern zusammen, um gemeinsam eine Melodie zu improvisieren, was mehrheitlich reibungslos funktioniert hat.
Hans-Peter Ulrich: Welche Stimmungen hatten dein Örgeli (A, B, C…) und dein Alphorn? Wie funktionierte das Zusammenspiel mit lokalen Musikern?
Kurt Hostettler: Das mitgeführte Schwyzerörgeli war in B gestimmt. Das in Fis/Ges gestimmte Alphorn konnte ich in verschiedene Tonarten umwandeln. Es war ein Carbon-Teleskop-Alphorn, wo ich die Tonlage selbst bestimmen konnte, sodass ich mit lokalen Musikantinnen und Musikanten zusammen spielen konnte.
Hans-Peter Ulrich: Wie haben deine Instrumente auf die klimatischen Veränderungen reagiert? Und wie hast du sie transportiert (Handgepäck)?
Kurt Hostettler: Das ist eine der wichtigsten Fragen, welche ich auch mir gestellt habe. Du reist durch Länder mit sehr viel Staub, Feuchtigkeit und Wärme/Kälte-Unterschiede, was deinen mitgeführten Instrumenten wirklich widerspricht! Als meine Schutzmassnahme habe ich mich für das Carbon-Alphorn entschieden. Es ist leicht und kompatibel in der Tonart und zum Transportieren sehr angenehm. Trotzdem waren die hohen Temperaturen eine Herausforderung. Du kannst das Alphorn kaum mehr zusammenschieben, weil sich Carbon mit hohen Temperaturen ausdehnt.
Für das Schwyzerörgeli hatte einen Rucksack und einen festen Vakuum-Sack gegen Staub und Feuchtigkeit dabei. Herrschte doch zum Teil hohe salzhaltige Meer-Luft-Feuchtigkeit, was für Holz und Stimmen negative Auswirkungen hätte haben können. Zum Beispiel Ton-Klappenhänger, weil das Holz aufquillt. Zu meiner Reisezeit hatte ich alles im Handgepäck mitführen können, vielleicht ist es heute etwas anders.
Hans-Peter Ulrich: Welche Tipps hast du an «Musik-Reisende»?
Kurt Hostettler: Wichtig ist die Auswahl deiner Destinationen und wo du deine Unterkunft planst (Diebstahlsicher, Wasser, Feuer…). Führe immer nur ein Instrument mit, wenn du etwas spielen willst. Schliesse dich Leuten an, die schon aufspielen. So hast du nie Probleme mit Bewilligungen und lernst erst noch einheimische Musikanten kennen. Nimm nie Bargeld mit, sondern nutze eine Karte, welche du mit einigen Euros oder US-Dollars aufladen kannst, so hast du immer die örtlichen Belastungen und kein Münzen-Retourgeld im Sack.
Kurt Hostettler
Geboren am 26. Mai 1948, wohnhaft in Klosters.
Gelernter Metzger & Koch, gelernter Handelskaufmann.
Ausbildung als Musiklehrer für Schwyzerörgeli & Alphorn mit eidgenössischem Kursleiter-Diplom.
Die ersten Versuche mit dem Schwyzerörgeli waren bereits in der ersten Klasse. Doch das Instrument ging kaputt, es war kein Geld für eine Reparatur vorhanden. Jahre später hat sich Kurt ein Örgeli gekauft und sich autodidaktisch und an Kursen das Spielen beigebracht.
Bei einem Schulaufenthalt in Brisbane, Australien, erlernte Kurt die Grundlagen des Didgeridoo, was ihn nach der Rückkehr in die Schweiz zum Alphorn führte.
Heute spielt Kurt Hostettler mehrheitlich als Solist, aber auch in kleinen Gruppen. So war er Gründungsmitglied der Ländlerkapelle «Rhätikon» aus Schiers, der «Prättigauer Stubahöckler», des Alphorn-Trio «Salätschis» und des Schwyzerörgeli Trio «66plus».