Jacqueline Wachter mit ihrem Schwyzerörgeli

Jacqueline Wachter – Musik als Beruf und Berufung

«Wir haben spielerisch angefangen, auf den Instrumenten herumzudrücken und einfache Lieder gelernt» – beschreibt die Musikerin Jacqueline Wachter ihre Kindheit. Heute ist ihr Alltag geprägt vom Musizieren, Üben, Proben, Komponieren, von der Arbeit im eigenen Notenverlag, dem Notenschreibservice sowie von Studioarbeiten und der eigenen Weiterbildung. Uns gibt sie einen Einblick in ihren vielfältigen Alltag als Profi-Musikerin.

Jacqueline Wachter mit dem Akkordeon

Hanspeter Ulrich: Du bist im Musikhaus deiner Eltern aufgewachsen. Deine Instrumentenwahl überschneidet sich mit den Instrumenten deiner Eltern. Wie ist es dazu gekommen? Waren Musik und die Wahl der Instrumente von Anfang an klar?
Jacqueline Wachter: Von klein auf war bei uns im ganzen Haus immer Musik zu hören. Zum einen von den Schülern meiner Eltern, zum anderen von Ruedi und Heidi selber. Überall standen Instrumente herum und wir haben als Kinder einfach ganz spielerisch angefangen, auf den Instrumenten herumzudrücken und einfache Lieder gelernt. Das hat sich so ganz spontan entwickelt. 😊 So habe ich bereits vor der Schule Schwyzerörgeli und Akkordeon gespielt, bin ab der 1. Klasse dann in den Blockflöten- und Klavierunterricht, später kam noch Querflöte dazu. Parallel habe ich auch in den verschiedenen Orchestern, Ensembles und Schwyzerörgeligruppen der Eltern und der Musikschule mitgewirkt und so hat sich das ganz natürlich ergeben.

Hanspeter Ulrich: Wie ist es, im «gleichen Business» wie die eigenen Eltern tätig zu sein?
Jacqueline Wachter: Ich empfinde das als sehr grosses Glück, mit der Familie diese Passion zu teilen. Musizieren ist ja sowieso immer eine Herzensangelegenheit; das dann noch mit der Familie erleben zu können, ist einzigartig. Es ist immer sehr spannend, sich auszutauschen, sich gegenseitig von Ideen inspirieren zu lassen, gemeinsam Stücke zu arrangieren und natürlich miteinander auf der Bühne zu musizieren. Dieses Zusammen-Wirken unter uns ist sehr kreativ und inspirierend und eine grosse Bereicherung 😊. Seit Kind konnte ich unglaublich viel von der riesigen Erfahrung meiner Eltern profitieren. Was du als Business beschreibst, ist schon immer ein Teil meines Lebens gewesen, was sich für mich gar nicht in Freizeit und Job unterteilen lässt. So habe ich es schon bei meinen Eltern erlebt und so ist es auch für mich: eine Berufung und Erfüllung.

Hanspeter Ulrich: Im Jahr 2021 hast du nach über 10 Jahren mit Unterrichten aufgehört. Wie sieht heute dein Alltag als Musikerin aus?
Jacqueline Wachter: Ich bin, seit ich 18 Jahre alt war, also gut 17 Jahre, als Musiklehrerin tätig gewesen, an verschiedenen Musikschulen (davon über 10 Jahre an der Musikschule der Seegemeinden Weggis, Vitznau, Greppen), aber auch privat im «Örgelistudio Schwyz». Nach dieser langen Zeit durfte ein «Rhythmuswechsel» passieren 😀 Ich habe das Unterrichten sehr genossen, bin aber ein Mensch, der die Freiheit liebt und geniesse es sehr, jetzt meine Zeit komplett frei nutzen zu können. Meinen Tag erlebe ich in den unterschiedlichsten Tätigkeiten wie zum Beispiel Musizieren, Üben, Proben, Komponieren, Arbeiten an meinem Notenverlag, Notenschreibservice, Studioarbeiten und Weiterbildung in diversen Bereichen. Es gibt für mich somit keinen Alltag im eigentlichen Sinn, da sich jeder Tag anders gestaltet und ich mich überraschen lassen darf, was das HEUTE bringt. 😊

Hanspeter Ulrich: Du bist mit unterschiedlichen Formationen und Bands unterwegs. Wie bringst du das unter einen Hut? Und welcher Musikstil spricht dich am meisten an?
Jacqueline Wachter: Die unterschiedlichen Bands lassen sich meist sehr gut unter einen Hut bringen, es gibt nur selten Terminkollisionen und wenn, dann lässt sich das meist irgendwie lösen. Jede Formation hat ihre «eigene Musik» und ist in sich einzigartig, was ich sehr geniesse. Spannend ist es für mich auch immer sehr, wenn für Projekte verschiedene Musiker zusammengewürfelt werden und sich Neues entwickelt.
Ich habe es schon immer sehr geschätzt, in vielen verschiedenen Bereichen, Stilen und Formationen unterwegs zu sein. Meine Wurzeln liegen in der Volksmusik, im Klavierunterricht und danach im Akkordeonstudium war Klassik und Zeitgenössische Musik angesagt, in den Formationen spielen wir alle möglichen Stile wie zum Beispiel Musette, Tango, Pop, Jazz, Weltmusik, etc. Für einen Stil entscheiden kann ich mich nicht 😊. Es ist die Vielseitigkeit, die mich begeistert. Speziell ist es natürlich immer, eigene Musik zu schreiben und zu spielen. In diesen Bereich möchte und werde ich zukünftig sicherlich noch mehr Zeit und Energie investieren.

Hanspeter Ulrich: Als fleissige Komponistin hast das Komponieren sogar von der Pike auf gelernt. Was empfiehlst du Örgeler:innen, die ihr eigenes Stück komponieren wollen?
Jacqueline Wachter: Meine ersten Versuche im Komponieren habe ich bereits als Kind gewagt und einfach mal gemacht; natürlich noch sehr einfach und rudimentär. Mit dem TUN wurde das dann immer ausgefeilter und später durch die Aus- und Weiterbildungen wurde ich immer mutiger, das umzusetzen, was ich innerlich hörte. Ein musikalisches Grundverständnis von Harmonien und Abläufen ist sicherlich sehr hilfreich und die bestehenden Strukturen zum Beispiel der Volksmusik geben einen schönen Rahmen, der beim Start des Komponierens auch hilfreich sein kann. Ich würde aber gerne dazu anregen, einfach mal anzufangen und seiner Kreativität freien Lauf zu lassen; die inneren Ideen auszudrücken und etwas Eigenes zu schaffen.

Hanspeter Ulrich: Die Digitalisierung verändert die Musikwelt. Das Zeitalter der physischen Tonträger ist vorbei. Analysiert und komponiert wird immer mehr unter Zuhilfenahme der «Künstlichen Intelligenz». Wie schätzt du die Entwicklung der Schweizer Volksmusik ein? Was sind die Chancen und was «funktioniert» künftig?
Jacqueline Wachter: Ich schätze die Digitalisierung als Hilfsmittel, das mir meine täglichen Abläufe vereinfacht. Zum Beispiel um in meiner Datenbank schnell und einfach die richtigen Aufnahmen oder Noten zu finden. Wie überall gibt es, aus meinem Blick, immer wieder die Entscheidung, die jeder Musiker, Komponist oder Produzent und auch das Publikum treffen muss: künstlich oder lebendig/echt. Schon lange werden ja in Produktionen künstliche Instrumente eingesetzt, die eingegebene Noten spielen. Meiner Ansicht nach kann echte, menschliche Kreativität und Inspiration sowie das Musizieren mit Herz und Seele nur ein lebendiges Wesen. Die Künstliche Intelligenz kann das zwar nachahmen und kopieren, aber echte Inspiration fühlt und hört sich anders an. Aber diese Entscheidung trifft schlussendlich jeder für sich selbst. Für mich persönlich geht der Weg mehr zum Ursprung: zu kleinen, feinen Live-Konzerten, zu «Musik und Konzert als Ereignis» und dahin, sich von den im Moment erzeugten Frequenzen berühren zu lassen und echte Inspiration zu erleben. So ist jedes Konzert anders: spielt eine Formation ein Stück dreimal hintereinander, so ist es nie gleich und somit ist auch das Erlebnis des Hörers ein anderes.
Neue Aufnahmen werden für mich auch weiterhin gemacht werden, gerade in der Schweizer Volksmusik, als Visitenkarte der Formation und als Teil der Entwicklung der Musiker; ob das dann als Schallplatte, CD, digital oder als Kombination vertrieben wird, ist für mich eher zweitrangig. 😊
Die Chancen sind für mich, dass wir uns alle neu erfinden dürfen in dieser neuen Umgebung, um weiterhin «unsere Musik» in die Welt bringen zu können. Neue Inputs regen zu Entwicklung an, was ich per se sehr spannend finde. Was «funktionieren» wird, wird sich dann zeigen. 😊
Herzlichen Dank für deine Fragen und dein Engagement für die Schweizer Volksmusik und das Schwyzerörgeli.

Über Jacqueline Wachter

Die Harmonie–Parkscheibe hilft

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  • beim Komponieren